Bye bye Deutschland

und schon sitze ich wieder im Zug nach Frankfurt, wo in wenigen Stunden das Flugzeug Richtung Indonesien starten wird. Ein aufregender Juli liegt hinter mir. Zeitsprung einen Monat zurück:

Nachdem ich meine Visionssuche bei Wolfgang beendet habe, bringt mich der Zug nach Köln.

Dort wohnt Sebastian. Unsere gemeinsame Zeit ist geprägt von Sport und Baden im Rhein. Ich liebe es am Ufer flussaufwärts zu laufen und mich anschließend im Wasser wieder zum Handtuch treiben zu lassen. Und dann von vorn. Ich kann Sebastian zu einer Runde mehr überreden. Dann sitzt er auf seinem Handtuch und schaut mir zu wie ich als Treibholz dahin treibe.

Doch mein Besuch hat noch einen weiteren Grund. Sebastian wird am 1.Juli aus der Bundeswehr entlassen und feiert das. Samstags ist Party angesagt. Ich schenke ihm ein paar Zauberpilze zum gemeinsamen Verzehr und ein Liebesschloss. Beides kommt gut an. Später halte ich dann noch eine Rede und bin von meinen Worten so sehr ergriffen, dass ich kaum noch ein Wort rauskriege. Mich nervt das weil ich nicht immer weinen will, wenn ich mich freue. Die Gäste wiederum finden das ganz toll.

Ein paar Tage später haben Sebastian und ich uns in der Stadt verabredet. Wir wollen quatschen. Das machen wir am liebsten, habe ich den Eindruck. Netterweise hat mir Sebastian ein Fahrrad-Manufaktur Rad ausgeliehen. Wenn ich es verkaufen kann, darf ich die Hälfte des Erlöses behalten. Ich habe bereits Fotos davon gemacht und es bei Ebay-Kleinanzeigen eingestellt.

Als ich losradeln will steht das Fahrrad nicht mehr da, wo es eigentlich stehen sollte. Ich finde aber noch das aufgebrochene Schloss. Also muss ich wohl die Bahn nehmen. Positiv zu erwähnen ist, dass ich während der Fahrt eine Mail auf’s Handy bekomme: Ein Fahrrad-Interessent von Ebay-Kleinanzeigen. Fortan fahren Sebastian und ich mit einem Fahrrad. Ich auf der Stange.

Sebastian fährt uns zur berühmten Brücke, an der bestimmt eine Million Liebesschlösser hängen. Wir wollen unsere Freundschaft besiegeln und suchen uns eine Lücke, an der wir unser Liebesschloss einrasten. Auf drei werfen wir jeder einen Schlüssel in den Rhein.

Für den nächsten Tag planen wir ein Picknick im Grünen mit Zauberpilzen. Sebastians Freundin ist unser Tripsitter. Wir fahren eine halbe Stunde raus ins Grüne, breiten unsere Decken aus und trinken den Spezialtee. Dabei schauen wir auf eine wilde Wiese. Jedoch haben Sebastian und ich Schiss und trinken deswegen nur eine geringe Dosis. Ich freue mich auf einmal über noch mehr Dinge als sonst schon. Wir haben keine Beschäftigung bei uns. Deswegen schauen wir viel in die Umgebung und schnattern philosophisch. Alles ist so lustig. Nach einer guten Woche geht nun mein Flieger weiter nach Estland.

Flugtag

Ich wache morgens auf – Reisetag. Heute fliege ich nach Estland (Tallinn) auf eine Konferenz. Ich gehe zeitgerecht los und bin entspannt auf dem Weg zum Bahnhof, von dem mich der Zug zum Flughafen Köln bringen soll. Sebastian hatte mir am Vortag die Zugdaten geschickt. Ich soll in einen Regionalexpress einsteigen. Doch finde ich die Zugnummer nicht auf der dortigen Tafel und bemerke einen ersten Anflug von Stress. Eigentlich wollen wir uns im Zug treffen. Doch weil ich die Verbindung nicht finden kann, suche ich mir eine andere zum Flughafen raus. Unsere Züge fahren beinahe gleichzeitig ein, denke ich. Als ich ein paar Stationen gefahren bin, checke ich mein Handy-Navi. Der blaue Punkt auf dem Display gibt meine Position wieder. Doch warum bewegt er sich vom Ziel weg? Ich sitze im falschen Zug! Durch die Irritation am Bahnhof, habe ich nicht mehr auf die Zugnummer geachtet, nur noch auf die Abfahrtszeit. 10:40 geht mein Flieger. Es ist 09:15. Ich ziehe mir ein neues Ticket und einen Fahrplan zum Flughafen. Abfahrt 09:28, Ankunft: 10:15 Uhr. Ich versuche ein Taxi zu bekommen und laufe aus dem Bahnhof. Die Entfernung zum Flughafen beträgt jetzt 20 Kilometer. Vergeblich rufe ich die ersten zwei Taxiunternehmen an. Währenddessen fährt auf dem Obergleis ein Zug. Ich schaue auf die Uhr: 09:28. Verpasst! Sebastian ruft an. Er steht am Flughafen und erwartet mich. „Ich bin in den falschen Zug gestiegen“ – teile ich ihm mit einem flauen Magengefühl mit. Ich schicke ihm ein Foto meines Ausweises sowie die Flugdaten. Er soll mich einchecken. Als ich mir die Flugdaten noch einmal genauer anschaue stelle ich fest: Abflug 10:15 Uhr. Also meine geplante Ankunftszeit. Ich rufe ein drittes Taxiunternehmen an. Es kann in 5min da sein. Während ich warte google ich schon einen neuen Flug. Circa 300€, Ankunft um 04:00 Uhr nachts. 

Der Taxifahrer macht mir Hoffnung. Gekonnt fährt der Fahrer mit seinem neuen Mercedes am Limit. Während der Fahrt koordiniere ich mit Sebastian den Ablauf am Flughafen. Ich bin deutlich gestresst und kann mir die Checkin-Schalternummer nicht merken, die Sebastian mir durchgibt. Mein Hauptgepäck kann ich nicht mehr aufgeben. Es muss mit durch die Sicherheitsschleuse. Aber ich habe mein Taschenmesser und Flüssigkeiten dabei. Sebastian soll es auspacken während ich mein Flugticket hole. Es liegt am Schalter bereit. Sicherheitsschleuse und Schalter liegen circa 400 Meter auseinander. Das Taxi hält kurz an der Sicherheitsschleuse. Sebastian übernimmt mein Gepäck zum Umpacken. Dann fahren wir weiter auf Höhe des Schalters. Ich drücke dem Taxifahrer 50€ in die Hand – stimmt so. Ich laufe rein und weiß, wo ich hin muss. Sebastian hat mich gut instruiert. Ausweis gezückt, Tickets in der Hand! Es ist 10:01 Uhr. Jetzt ein 400 Meter Sprint zur Sicherheitsschleuse. Mein Gepäck ist bereits umgepackt. Küsschen links, rechts: „Tschüss Sebage.“ Und schon muss ich weiter. Charmant drängle ich mich ohne Probleme vor zum Fließband. Ich werde gründlich kontrolliert. Schuhe aus, Sprengstoffkontrolle am großen Rucksack, Hosenbund und Füße abtasten. Mein Puls schlägt bis zum Hals. Ohne meine Schuhe wieder zuzumachen laufe ich durchgeschwitzt zum Gate. Es ist leer. Nur der Mann hinter dem Schalter ruft aufgeregt meinen Namen. Tickets rübergezogen, in den Rollfeldbus gehechtet, geschafft. Im Flugzeug nimmt mir eine Stewardess mein großes Reisegepäck ab und checkt es für mich ein. Ein Mann mit Warnweste bringt es weg. Ich bekomme Tonicwasser und kann auf einem Zweiersitz platz nehmen. 

Als wir auf den Start warten wird mir klar, wieviel Glück ich hatte und wieviele Menschen mich unterstützt haben: Der nette Taxifahrer, der mit seinem Mercedes anständig Gas gegeben hatte. Das Bodenpersonal, welches die Tickets für mich zurückgehalten hatte und auf mich wartete, die Menschen an der Sicherheitsschleuse, die mich vorließen, die Stewardess, die sich um mein Gepäck kümmerte und mir einen Drink in die Hand drückte und natürlich Sebastian, der mir entscheidend bei der Koordination half, als ich im höchsten Stresslevel geistige Ausfälle hatte.

Das alles wird mir bewusst als mich der Schub des Fliegers in die Rückenlehne drückt. Ich bin von Dankbarkeit für die erfahrene Unterstützung überwältigt. Tränen rollen über meine Wangen. Ich schluchze. Schon wieder Weinen. Zwischen den Vordersitzen blinzelt eine Frau zu mir nach hinten. Sie reicht mir ein Taschentuch durch den Sitzlücke. Noch mehr Unterstützung. Ich bin ein echter Glückspilz und so dankbar dafür.

Tallinn – Estland

Die nächste Woche verbringe ich in Estland. Manuel und ich haben uns zusammen eine Wohnung gemietet und wollen in Sachen Internet-Unternehmertum schlauer werden. Dieses Ziel haben auch 150 andere Menschen. Deswegen treffen wir uns zur Citizen-Circle-Konferenz.

Ich kenne bereits einige Leute:

  • Manuel habe ich in Thailand kennengelernt
  • Martin kenne ich aus Rio. Wir trafen uns schon in Bankok und Berlin
  • Jonathan und Jule kenne ich aus Thailand, Bali und Berlin
  • Marc aus Bali

Ich finde es faszinierend, wie toll es klappt, dass wir uns international treffen. Tallinn ist eine süße Stadt – ein wenig langweilg. Aber nett. Allerdings würde ich nicht mehr länger als drei Tage dort bleiben wollen. Nach einer Woche geht der Flieger nach Berlin.

(Der blöde Pudel musste einfach mit auf die Webseite)

Berlin

Claudia freut sich schon. Mit Kinderschokolade und Club Mate werde ich empfangen. Die nächsten zwei Wochen verbringe ich in der Bundeshauptstadt und stelle die Überarbeitung meines Buches fertig. Diesmal habe ich den Buchtitel (onlineunternehmerisch) keywordoptimiert. Deswegen trägt es den spannenden Namen „Beziehungsratgeber“. Im Buch beschreibe ich ein spannendes Konzept, welches sich dazu eignet Beziehungsdrama darzustellen und ggf. daraus auszusteigen. Das Drama-Dreieck. Parallel zur Buchveröffentlichung findet der Weltkongress für Transaktionsanalyse in Berlin statt. Mein Partner Jürg und ich geben einen Workshop. Wir haben ihn online geplant. 15 Minuten vor Workshop-Beginn treffen wir uns zum ersten mal in Person. Und das nach anderthalb Jahren Zusammenarbeit und knapp 70 verkauften Grundkursen. Unser Workshop läuft klasse.

Im Verlauf des Kongresses treffe ich ein Urgestein der Transaktionsanalyse, Stephen Karpman. Er hat das Drama-Dreieck entwickelt. Deswegen brauche ich unbedingt ein Foto mit ihm. Sein Buch über das Drama-Dreieck ist bereits ausverkauft. Aber er verspricht mir, dass ich seine Ausgabe haben kann. Eine Widmung bekomme ich auch.

Jetzt sitze ich am Flughafen auf dem Weg nach Bali. Claudia und Philipp hatten mich noch zum Flughafen gebracht. Da ich so günstig wie möglich reisen will, bin ich fast zwei Tage unterwegs. Erst nach Frankfurt und dann zwei mal den Flieger wechseln. Auf Bali bleibe ich erstmal 3 Monate und will vor allem arbeiten. Philipp, Martin und Claudia kommen mich besuchen. Außerdem plane ich weitere Treffen mit Sebastian und Sören. 

Wie war’s denn nun in Deutschland?

Viereinhalb Monate war ich jetzt in Deutschland. Ich habe die wichtigsten Menschen besucht, meine Wanderschuhe neu besohlen lassen, mein Buch überarbeitet und neu rausgebracht und die ersten anderthalb Jahre Reisen verarbeitet. Ich konnte Vieles mit neuen Augen betrachten. Vor allem habe ich meine Heimatstadt Magdeburg neu für mich entdeckt. Die zweite Reise wird anders. Ich bin kaum aufgeregt. Ich werde sie allein unternehmen. Bis nächstes Frühjahr will ich unterwegs sein. Nepal, Indien und Vietnam sollen diesmal dabei sein. Leider konnte ich nicht alle Menschen sehen, die ich hätte sehen wollen. Sicherlich hätte ich das noch einschieben können. Doch das hätte mich aus meiner Mitte gebracht und das will ich nicht mehr. Wenn ich unterwegs bin, dann soll es entspannt sein. Weniger ist inzwischen manchmal mehr für mich. Die Idee ein wenig länger an einem Ort zu sein und mit Freunden eine Art Alltag zu haben, gefällt mir immer besser. Die Begegnung muss nicht in ein paar kurze Momente gepresst werden. Stattdessen gibt es Raum für entspanntes Beieinander sein. Bis zum nächsten mal. Dann von Bali.

8 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

Guten Flug und bis bald.

Jo, danke.

Sehr schön beschrieben deine Situation mit dem „Fastverpassen“. Ich kann mich auch an viele Siutationen erinnern wo man danach gar nicht fassen kann, wie das nun wieder geklappt hat und den Menschen, die einem geholfen haben so dankbar ist. Gute Reise!

Hallo Veronika, manchmal glaube ich, dass es zu viele Zufälle sind um zufällig zu sein. 😀

Ich wünsche Dir einen sonnigen und entspannten Aufenthalt. Pass auf dich auf Steffen.

LG James

Mache ich. Dir auch viel Freunde. 🙂

Vera + Bernd Kleinfeldt
31. August 2017 7:42

Ähnliches ist uns auch in Zentalafrika geschehen, entweder existiert die Fluglinie nicht, oder die Maschine ist 2 Stunden füher abgeflogen. Für uns war das eine Wartezeit von einer Woche bis zum nächsten Flug nach Bangui, RCA.
Safari njema Vera und Bernd

Steffen Raebricht
31. August 2017 10:02

Oh, das ist aber auch lange. Solche Geschichte relativieren doch ganz gut, wenn der Bus mal 10min zu spät kommt, hahaha. Grüße, Steffen