Eigentlich wollte ich, nachdem die Zeit mit meinem Vater in Indien vorüber war, den Rest meines Indienaufenthaltes in Neu-Delhi verbringen. Doch hatte mir Martin von Varanasi erzählt, der heiligen Stadt am Ganges. Zu ihr Pilgern die Hindus, um sich rein zu waschen. Es heißt: Wer sich an den Ufern des Ganges verbrennen lässt und dessen Asche anschließend dem Fluss übergeben wird, der durchbricht den ewigen Kreislauf von Wiedergeburten und gelangt ins Nirvana.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Deswegen finden in Varanasi ununterbrochen Zeremonien statt. Ein Gang entlang des Ufers, der Ghats, zeigt betende, sich waschende und brennende Menschen. Rund um die Uhr lebt ist es belebt. Die Stadt wirkt auf mich als Westler chaotisch. Mir macht es Spaß durch die engen Gassen der Stadt zu gehen. Alles ist ganz anders als in Europa.

Wenn man es nicht weiß, übersieht man ihn. Aber durch einen unscheinbaren Eingang kommt man inmitten der Gassen in einen der heiligsten Hindutempel. Soldatenstreifen patrouillieren um um die Außenmauern, die aus Souveniergeschäften bestehen. Um hinein zu gelangen muss ich zwei mal meinen Pass zeigen und mich drei Körperkontrollen unterziehen. Handys und jede Art von Gegenständen, außer Opfergaben, sind verboten. Alles muss draußen gelassen werden. Ein gutes Geschäft für die Shops, ringsum den Eingang, die Schließfächer vermieten.

Ich habe mir für etwas zu viel Geld ein Opferpäckchen gekauft. Darin befindet sich jede Menge Kram. Nüsse, Zucker, Bändchen usw. Im Tempel, der recht klein ist, werde ich aufgefordert mich in eine Menschenschlange einzureihen. Ich weiß nicht, was passiert. Aber ich werde es sicherlich gleich erfahren. Das Gedränge der Schlange ist groß, die Leute um mich herum aufgeregt. Ich bin kurz davor durch eine kleine Pforte zu schreiten. Die Menschenmassen werden im Tempel durch mit Trillerpfeifen ausgestattete Soldaten gelenkt. Sie haben Sturmgewehre umgehangen. „Ein witziger Tempel“ – denke ich mir. Im kleinen Raum befindet sich ein Phallussymbol, welches angebetet wird. Es ist ziemlich klein, scheint aber besonders heilig zu sein. In Massen wird es mit Wasser und Milch begossen. Opfergaben fliegen durch den Raum. Hinter dem Phallussymbol sitzt ein Mönch, der die Leute mit bereits geworfenen Opfergaben zurück bewirft. Das scheint eine besondere Ehre für sie zu sein. Einer küsst eine Blumenkette, die er gegen den Kopf geschleudert bekommen hat. Die Soldaten sind damit beschäftigt die Leute vom heiligen Symbol wegzureißen und aus dem kleinen Raum zu befördern. Denn die Schlange von aufgeregten Leuten, die auch etwas werfen wollen, ist noch lang.

Ich weiß nicht, wie ich meine Gabe zu geben habe. Deswegen habe ich sie noch immer unbenutzt in der Hand. Ich frage eine ältere Frau, die Englisch spricht. Ein Inder mischt sich ein, der kein Englisch spricht, reißt mir meine Opfergabe aus der Hand und will das es an meiner statt geben. Ich reiße es ihm wieder aus der Hand und lasse die Frau weiter erklären. Der Mann scheint mir die Opfergabe unbedingt abnehmen zu wollen – mir egal. Ich mache, wie mir von der Frau geheißen und ehre ein anderes Phallussymbol. „Ein cooler Tempel“ – denke ich mir wieder.

Überall hängen Glocken herum, die rege geleutet werden. Es ist richtig laut hier. Toll.

4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

Schön schräg. 😀

Aber richtig. 😀

Ich stelle es mir gerade bildlich vor, wie du dich um deine Opfergabe kloppst

Hehe, das war auch witzig. Ich bin hier richtig dreist. Denn die Inder sind es auch. 😉